Unterstützende Evaluation der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) von 2020

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Zum Hintergrund der Evaluation

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung in Deutschland. Es wurde erstmals im Jahr 1969 erlassen und seitdem mehrmals novelliert, zuletzt im Jahr 2020. Mit der jüngsten Novellierung sollte das Berufsausbildungssystem an aktuelle Entwicklungen angepasst und die Berufsausbildung attraktiver gestaltet werden. Zu den Neuregelungen zählen die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung, die Schaffung von Möglichkeiten zur Teilzeitberufsausbildung sowie die Definition transparenter Fortbildungsstufen für die höherqualifizierende Berufsbildung.  

Ein weiterer Schwerpunkt der Gesetzesreform liegt in der Entlastung ehrenamtlicher Prüfungsausschüsse. Diese Anforderung ergibt sich aus den zunehmend komplexen Prüfungsansprüchen im modernen Berufsbildungssystem, wobei es den zuständigen Stellen zugleich immer schwerer fällt, ausreichend Freiwillige für diese Tätigkeit zu finden. Zwei Änderungen im BBiG sollen ehrenamtliche Prüferinnen und Prüfer entlasten: 

  • Erstens erlaubt das Gesetz neuerdings, die Aufgabe der Prüfungsausschüsse zur Abnahme und abschließenden Bewertung von Prüfungsleistungen ganz oder teilweise an eine sogenannte Prüferdelegation zu übertragen (§§ 39, 40, 42 BBiG). Deren Mitglieder können ihr Amt auf bestimmte Prüf- oder Fachgebiete beschränken, sodass der Zeitaufwand für die Prüfenden nach individuellen Bedürfnissen angepasst werden kann. 
  • Zweitens führt das Gesetz die Option ein, zwei statt drei Prüfende für die Abnahme und Bewertung von Prüfungsleistungen einzusetzen (§ 42 Abs. 5 BBiG). Dies kann allerdings nur bei Prüfungsleistungen ohne situative Elemente erfolgen, also meist bei schriftlichen Prüfungen. 

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) evaluiert derzeit im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die neu geschaffenen Möglichkeiten der Gesetzesnovelle.  Die Evaluation des BIBB erfolgt bis 2026 in insgesamt fünf Teilprojekten. Teilprojekt 1 umfasst dabei die Untersuchung der genannten Neuregelungen für Prüfungsabnahmen.

Forschungsauftrag

Im Rahmen dieses Teilprojektes hat das BIBB InterVal mit der Konzeption, Durchführung und Auswertung einer deutschlandweiten Befragung beauftragt. Ziel des Auftrags ist es, die zuständigen Stellen für eine Auswahl von Aus- und Fortbildungsberufen online zur Anwendung der neu geschaffenen Regelungen zu befragen und zu untersuchen, inwiefern sich die Gesetzesänderung bewährt hat. Mit der Datenerhebung werden erstmals flächendeckend valide Strukturdaten zur Anwendung der Neureglungen und zu bestehenden Herausforderungen ermittelt und die Anzahl sowie Zusammensetzung von Prüfungsausschüssen und -delegationen erfasst. Die Forschungsfragen dieses Teilprojektes lauten: 

  • Wie viele Prüfungsausschüsse sind in dem untersuchten Aus- bzw. Fortbildungsberuf eingerichtet (differenziert nach Zuständigkeitsbereichen und Berufen)? 
  • Wie viele Prüfende engagieren sich in den Prüfungsausschüssen der zuständigen Stellen? Wie setzen sich die Prüfungsausschüsse zusammen? 
  • Wie viele Prüferdelegationen gibt es? Wie viele Personen sind als Mitglieder in Prüferdelegationen berufen? Wie setzen sich die berufenen Delegationsmitglieder zusammen? 
  • Wird die Abnahme und Bewertung von nicht-flüchtigen Prüfungsleistungen durch zwei Prüfende durchgeführt? Welche Prüfungsleistungen sind dies? 
  • Bestehen Engpässe bei der Berufung von ehrenamtlichen Prüfenden und bei der Durchführung von Prüfungen?

Umsetzung

Als Grundlage der Erhebung dient eine Stichprobe von 42 kriteriengestützt ausgewählten Ausbildungs- und 13 Fortbildungsberufen aus den Zuständigkeitsbereichen Industrie und Handel, Handwerk, Landwirtschaft, Öffentlicher Dienst und aus dem Bereich der freien Berufe. Folgende Arbeitspakete werden umgesetzt: 

  • In enger Zusammenarbeit mit dem Projektteam des BIBB entwickelt InterVal die Fragebögen für die Online-Befragung, welche mit den Dachverbänden und Gewerkschaften abgestimmt werden. Die Befragung wird überwiegend geschlossene Fragen und vorgegebene Antwortkategorien enthalten. Zu einigen Aspekten, wie z.B. zu konkreten Erfahrungen mit den Neuregelungen, werden offene Angaben möglich sein. 
  • Im Anschluss an die Abstimmung des Fragebogens wird die Befragung programmiert und mit ausgewählten zuständigen Stellen umfangreich getestet, unter anderem mit der Methode des Lauten Denkens. Die Ergebnisse des Pretests werden für das BIBB zusammengefasst, Änderungsvorschläge entwickelt. 
  • Die Einladung der zuständigen Stellen zur finalen Onlinebefragung erfolgt über die jeweiligen Dachorganisationen. Während der Befragung wird InterVal den Rücklauf kontinuierlich überwachen und Erinnerungsaktionen durchführen.
  • Nach Abschluss der Befragung werden die Befragungsdaten in die Auswertungssoftware SPSS überführt. Alle Prüfungen und Datensatzbereinigungen werden in der Syntax dokumentiert und kommentiert. 
  • Nach Abschluss der Datenbereinigung erfolgt die Datenauswertung in SPSS. Die Auswertungen der geschlossenen Fragen erfolgen vorwiegend in Form von deskriptiven Analysen. Die Antworten auf die offenen Fragen werden mit der Methode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
  • Die Ergebnisse werden mit dem BIBB gemeinsam im Rahmen eines Fokusgruppentreffens in Bonn präsentiert und mit den Workshopteilnehmenden diskutiert.

Ausblick

Die Befragung der zuständigen Stellen beginnt im Frühjahr 2024. Zentrale Ergebnisse werden gemeinsam mit dem BIBB im Mai kommenden Jahres den Sozialpartnern vorgestellt. Der Ergebnisbericht zu den Prüferneuregelungen wird im Juni 2024 vorgelegt werden.

Weitere Informationen zum Gesamtkonzept des BIBB zur Evaluation der verschiedenen Elemente der BBiG-Novellierung sind hier nachzulesen: https://www.bibb.de/dienst/dapro/daprodocs/pdf/at_78226.pdf